Johannes Greber – 9.1 Die menschliche Geburt, die Kindheit und die Geschwister Jesu (1)

 Text Quelle : vom Medium Peter Bernath persönlich zum Mitveröffentlichung autorisiert.

 ***********************

Vierter Teil : 9.1 (1)

Zeugung und Geburt vollziehen sich in der Schöpfung Gottes nach unabänderlichen Gesetzen. Die Verbindung männlichen und weiblichen Samens ist zur Zeugung überall erforderlich.

Eine Ausnahme von diesem Gesetz gibt es nicht!

Eine menschliche Zeugung kann daher nur zustande kommen, wenn der Same eines männlichen Menschen mit dem eines weiblichen sich vereinigt.

Es kann infolgedessen kein körperloser Geist – sei es nun ein Geist des Himmels oder ein Geist der Hölle – ohne Benutzung eines menschlichen Körpers mit menschlichem Samen die Zeugung eines Menschen vornehmen.

Den Bericht der Bibel von der Zeugung Christi faßt ihr nun so auf, als ob ein Geist des Himmels ohneBenutzung eines männlichen Menschenkörpers und männlichen Samens im Schoße einer menschlichen Jungfrau den Lebenskeim des werdenden Kindeskörpers geschaffen habe.

Diese Auffassung ist unrichtig!

Und sie gibt zahllosen Menschen, gläubigen sowohl als ungläubigen, mit Recht Veranlassung, diese Art der Menschwerdung des Sohnes Gottes zu leugnen oder doch zu bezweifeln. Hier liegt das Wunderbare und Außergewöhnliche, aber doch den Naturgesetzen Entsprechende mit dem Widersinnigen und darum Unglaublichen nahe zusammen.

Ich will dir auch hierin die volle Wahrheit mitteilen, da ich weiß, daß du sie verstehen wirst.

Ist aus einem Tieftrancemedium der eigene Geist ausgetreten und hat ein fremdes Geistwesen von dem Körper des Mediums Besitz ergriffen, so vermag es die Organe des Körpers in derselben Weise zu gebrauchen wie der eigene Geist.

Infolgedessen ist ein in dem Körper eines männlichen Mediums befindlicher fremder Geist – sei es nun ein guter oder ein böser – auch fähig, mit einer weiblichen Person eine Zeugung vorzunehmen.

Habe ich dich nicht bei der Schilderung des Götzendienstes der vorsintflutlichen Zeit ausdrücklich auf den Geschlechtsverkehr aufmerksam gemacht, den die bösen Geister durch männliche Medien mit den Töchtern der Menschen unterhielten und mit ihnen nach dem Zeugnis der Bibel Kinder zeugten?

Was nun die bösen Geister durch menschliche Medien vermögen, sollte das den guten Geistern nicht ebenso möglich sein? Wenn die abgefallenen ‚Gottessöhne‘ durch männliche Medien Kindern das Dasein geben konnten zum Verderben der Menschheit, sollten dann treugebliebene Gottessöhne zur Rettung der Menschheit nicht dasselbe tun können?

Jetzt wird dir die menschliche Zeugung Christi ohne weitere Auseinandersetzung klar sein.

Das menschliche Medium war Josef, mit dem Maria verlobt war.

Schon oft hatten Geister Gottes durch Josef als Medium zu Maria über die kommende Erlösung gesprochen. Solche Geisterkundgebungen waren ihr also nichts Ungewöhnliches, wie überhaupt das jüdische Volk über den Verkehr mit der Geisterwelt gut Bescheid wußte. Das siehst du aus dem Bericht der Bibel über die Erscheinung des Engels bei Zacharias. Als Zacharias aus dem Heiligtum her-austrat und nicht mehr reden konnte, da merkte das Volk, daß er die Erscheinung eines Boten Gottes gehabt hatte (Lukas 1, 22).

Maria erschrak daher auch nicht, als eines Tages ein Geist in Josef als Medium eintrat und ihr eine Botschaft brachte. Nur über die Anrede, die der Geist an sie richtete, wurde sie bestürzt. Er nannte sie die Gesegnete unter den Frauen. Damit deutete er ihr an, daß sie Mutter werden sollte. Sie konnte nicht begreifen, wie er das meine, da sie ja keinerlei Geschlechtsverkehr gehabt und daher auch nicht Mutter werden konnte. Nun wurde ihr zur Aufklärung mitgeteilt, daß ein heiliger Geist auf sie kommen und die Kraft eines sehr Hohen sie überschatten werde. Darum solle auch das Heilige, das aus ihr geboren würde, ein Sohn Gottes genannt werden.

Der Geist erklärte ihr noch näher, wie das geschehen würde, was jedoch eure Bibel nicht berichtet. Er sagte ihr, daß sofort, nachdem er aus dem Körper des Mediums ausgetreten sei, ein sehr hoher Geist des Himmels in das Medium eintreten werde und daß sie durch ihn nach dem allgemein gültigen Zeugungsgesetz Mutter würde.

Maria erklärte daraufhin ihre Zustimmung.

Nach Austritt Gabriels aus dem Medium trat, noch bevor Josef aus dem medialen Schlaf erwachte, Christus selbst in seinen Körper ein, und Maria wurde durch ihn Mutter nach demselben Naturgesetz, nach dem alle menschlichen Mütter guter Hoffnung werden.

Und wenige Augenblicke vor der Geburt des Kindes trat der Geist Christi in den Kindeskörper, also um dieselbe Zeit, wo bei allen Müttern durch Eintritt eines Geistes in den kindlichen Organismus die Menschwerdung eines Geistes sich vollzieht.

Diese Art der Zeugung Christi war den ersten Christen bekannt. Sie wurde ihnen auf dieselbe Weise mitgeteilt, wie ich sie dir mitteile. Sie wußten also, daß der menschliche Leib Christi durch Christus selbst als Geist unter Benutzung des Josef als Medium gezeugt worden ist, daß also der Heilige Geist, der nach den Worten Gabriels auf Maria kommen sollte, Christus selbst war. Denn er wollte alles, was er zur Vollbringung der Erlösung für erforderlich hielt, selbst vollbringen. Er hatte die schwere Vorbereitungsarbeit für die Erlösung in der Menschheit vom ersten Tage an selbst in die Hand genommen. Er hatte das Gottesvolk als Träger des Gottesglaubens sich auserwählt, es geführt, belehrt, gemahnt, gewarnt, gestraft. Er hatte hohe Geister des Himmels als Propheten gesandt. Nun war sein letztes Vorbereitungswerk die Zeugung der menschlichen Hülle, in die er nach wenigen Monaten im Mutterschoße eintreten wollte, um durch menschliche Geburt als Mensch unter Menschen zu wandeln.

Nachdem Josef aus der Tieftrance erwacht war, teilte ihm Maria sofort das Geschehene mit. Es war eine sehr schwere Probe, auf die Josef sich gestellt sah. Sollte er den Angaben seiner Verlobten Glauben schenken? Ein furchtbarer innerer Kampf begann. Josef war ja ein Mensch wie alle anderen Menschen.

Das Böse trat jetzt mit den schwersten Angriffen an ihn heran. Die Höllenmächte hatten jetzt nur das eine Ziel im Auge, Josef an Maria irre werden zu lassen, damit er sie verstoße. Denn nach dem jüdischen Gesetze mußte eine Jungfrau, die verlobt war, den Steinigungstod erleiden, sobald sie sich mit einem anderen verging. Das Böse hämmerte nun dem Josef den Gedanken ein, daß Maria sich mit einem andern eingelassen hätte und nun die Ausrede gebrauche, ein Geist Gottes habe Josef in seinem medialen Zustande zur Zeugung benutzt. Alle, was euch Menschen an Mißtrauen, Eifersucht und Bitterkeit über erlittene Enttäuschung eingegeben werden kann, das haben die bösen Mächte dem Josef eingeflößt. Sie setzten ihm in furchtbarer Weise zu. Diese Belastungsprobe schien zu schwer für ihn zu sein. Halb und halb neigte er dazu, seine Verlobte heimlich zu entlassen. Eine heimliche Entlassung sollte es deshalb sein, weil er seiner Sache nicht sicher war und als gerechter Mensch nicht ohne vollen Beweis der Schuld jemand in den Tod bringen wollte. Andererseits konnte er bei diesem nagenden Zweifel an ihrer Treue seine Verlobte auch nicht ehelichen. Maria sagte ihm bloß, daß Gott ihn sicherlich auf irgendeine Weise über die Wahrheit aufklären werde. Auch sie litt unter den Zweifeln ihres Verlobten unsagbar. –

Da, noch in derselben Nacht, stand ein Bote Gottes vor dem mit der Gabe des Hellsehens ausgestatteten Josef und klärte ihn über alles auf.

Damit war der Kampf zu Ende.

Ich weiß, daß euch kleinen Menschen diese Wahrheit – und es ist die Wahrheit – viel zu menschlich erscheint und zu sehr den Naturgesetzen entsprechend. Sie ist euch nicht wunderbar und geheimnisvoll genug. Die menschliche Zeugung erscheint vielen als etwas Niedriges, und sie möchten Gott gewissermaßen einen Vorwurf daraus machen, daß er so etwas überhaupt in seine Schöpfung eingeführt hat. Gott ist euch nicht keusch genug. –

O, ihr elenden Menschen, die ihr die herrlichsten Gesetze der Allmacht und Weisheit Gottes, wie sie bei der Zeugung, dem Werden und der Geburt eines Kindes hervortreten, so minderwertig beurteilt!

Christus, dem höchsten geschaffenen Geist, war es nicht zu minderwertig, nach den ewig gültigen Gesetzen der Zeugung seine menschliche Hülle zu bilden, um unter euch wohnen, leiden und sterben zu können. Wenn euch die Wahrheit seiner menschlichen Zeugung nicht wunderbar genug ist, ihm ist alles das wunderbar, was nach den heiligen Gesetzen seines himmlischen Vaters geschieht, von denen der Prediger sagt:

Prediger 3, 14: ‚Ich habe erkannt, daß alles, was Gott bestimmt hat, ewige Geltung besitzt. Man kann da nichts hinzufügen und nichts davon hinwegnehmen. Und das hat Gott so eingerichtet, damit man Ehrfurcht vor ihm habe.‘

Diese Ehrfurcht besitzt ihr leider nicht!

Darum klügelt ihr euch Erklärungen für das Menschwerden Christi aus, die wegen ihrer angeblichen Wunderbarkeit voll von Widersprüchen sind und den Ungläubigen berechtigten Anlaß geben, über diesen ersten Schritt Christi zur Menschwerdung zu höhnen.

Wäre die Menschwerdung Christi nicht nach den Gesetzen der menschlichen Zeugung erfolgt, dann hätte Paulus nicht sagen können: ‚Christus ist uns in allem gleich geworden.‘ Denn dann wäre er in dem Punkte der Zeugung von euch Menschen wesentlich verschieden. Sein Körper wäre nicht aus menschlichem Samen entstanden. Aber Paulus hat Recht. Christus ist euch in allem gleich geworden, auch in der Entstehung seiner menschlichen Hülle aus menschlichem Samen.

Nun komme ich auf deinen Wunsch auf einige Lehren der katholischen Kirche zu sprechen, die hierher gehören. Du warst ja Priester dieser Kirche. Es ist daher verständlich, daß es dir besonders am Herzen liegt, zu vernehmen, was von ihren Lehren der Wahrheit entspricht und was Irrtum ist.

Die katholische Kirche lehrt, daß die Mutter Jesu ohne ‚Erbsünde‘ gewesen. Das ist richtig. Aber es ist nicht aus dem Grunde richtig, den deine bisherige Kirche dafür angibt. Auch in Maria war, wie in so manchen Menschen der früheren Zeiten, die eine große Aufgabe Gottes zu erfüllen hatten, einGeist des Himmels verkörpert. So war es bei Henoch, Abraham, Mose, Elia und den anderen, die ich dir bereits genannt habe. So war es bei Johannes, dem Vorläufer Christi, in dem Elia wieder zur Erde gekommen war.

In Maria war also keiner der Geister, die einst von Gott abgefallen waren, sondern ein Gott treu gebliebener Geist. Die Sünde des Abfalles, die alle anderen irdischen Wesen belastet, hatte sie nicht auf sich. Von dieser ‚Erbsünde‘ war sie frei.

Aber ganz unrichtig ist die Lehre der katholischen Kirche, daß Maria als Mensch frei von jeder, auch der geringsten Sünde gewesen sei.

Kein Mensch ist ohne das, was ihr menschliche Sünden nennt und das nichts gemein hat mit der Sünde, von der Christus die Welt erlösen sollte – nämlich der Sünde des Abfalls von Gott. Dies ist die eigentliche Sünde. Alles andere ist ein menschliches Straucheln, von dem auch Maria nicht frei war.

Trotzdem blieb sie ihrem Gott treu, wie ja auch Mose, jener hohe Geist des Himmels, Gott treu blieb, obschon er mehr als einmal als Mensch zum Straucheln kam und zur Strafe dafür nicht in das gelobte Land einziehen durfte.

Auch darin irrt die katholische Kirche, daß Maria nach der Zeugung und der Geburt Jesu nochJungfrau gewesen sein soll. Ebensowenig wie jede andere Jungfrau nach der Empfängnis und der Geburt eines Kindes noch Jungfrau ist, ebensowenig war es Maria. Nur bevor sie Christus empfing, war sie Jungfrau. Der Erlöser sollte nicht von einer Mutter geboren werden, die vorher schon einmal geboren oder empfangen hatte. Das ist der Sinn der Worte bei Matthäus: ‚Siehe, die ‚Jungfrau‘ wird empfangen und einen Sohn gebären.‘

Es steht auch mit der Wahrheit im Widerspruch, wenn die katholische Kirche behauptet, nach der Geburt Jesu habe Maria keine Kinder mehr geboren. Aus welchem Grunde sollte sie denn nach der Geburt ihres Erstgeborenen auf ihre Mutterrechte und Josef auf seine Vater- und Gattenrechte verzichten? Die nach Christus geborenen Geschwister beeinträchtigten doch in keiner Weise weder die Persönlichkeit Christi noch sein Leben noch seine Lehre oder sein Werk.

Wenn in den Urkunden des Neuen Testamentes an verschiedenen Stellen von Brüdern und Schwestern Jesu die Rede ist, so sind seine leiblichen Brüder und Schwestern damit gemeint undkeine ‚Verwandten‘, wie die Katholiken krampfhaft zu beweisen sich bemühen. Wären es ‚Verwandte‘ Christi gewesen, so hieße es nicht ‚Brüder‘ und ‚Schwestern‘, sondern ‚Verwandte‘. Oder meint ihr, die damalige Sprache habe kein Wort gehabt, mit dem sie die Bezeichnung ‚Verwandte‘ hätte ausdrücken können? Das werdet ihr doch wohl im Ernst nicht behaupten wollen. Denn in der Geschichte des zwölfjährigen Jesus im Tempel wird ja mitgeteilt, daß seine Eltern ihn suchten bei den ‚Verwandten‘ und Bekannten. Also hier, wo es sich um wirkliche ‚Verwandte‘handelte, gebraucht auch der Evangelist das Wort ‚Verwandte‘. Wenn derselbe Evangelist nun später schreibt: ‚Es trafen seine Mutter und seine Brüder bei ihm ein‘ (Lukas 8, 9), dann will er sicher nicht sagen, daß diese Brüder bloß ‚Verwandte‘ gewesen seien, die mit seiner Mutter kamen. Und die Leute, die Jesus die Ankunft seiner Mutter und Brüder meldeten, sagten ebenfalls: ‚Deine Mutter und deine ‚Brüder‘ stehen draußen und wünschen dich zu sprechen.‘ Und Matthäus und Markus berichten ebenfalls, daß seine ‚Mutter‘ und ‚Brüder‘ zu ihm kamen. Sollten alle drei Evangelisten das Wort ‚Brüder‘ gebraucht haben, wo es ‚Verwandte‘ heißen soll, wiewohl sie doch das Wort Verwandte hätten gebrauchen können und müssen? Es ist töricht, so etwas anzunehmen.

Nazareth: ‚Als er in seine Vaterstadt gekommen war, machte er in dem dortigen Betsaale durch seine Lehre solchen Eindruck auf sie, daß sie in Staunen gerieten und fragten:

Matthäus 13, 53 – 57: ‚Woher hat dieser solche Weisheit und Wunderkraft? Ist dieser nicht der Sohn des Zimmermannes? Heißt seine Mutter nicht Maria und seine Brüder nicht Jakobus, Josef, Simon und Judas? Leben nicht auch seine Schwestern alle hier bei uns? Woher hat er denn dies alles?‘

Kann irgendeiner mit gesundem Menschenverstand behaupten, in dieser Aufzählung von Vater, Mutter, Brüdern und Schwestern Jesu handle es sich bloß um Verwandte? So wie hier der wirkliche Vater und die wirkliche Mutter Jesu gemeint ist, so sind auch die wirklichen Brüder und Schwestern Jesu gemeint. Und was könnte die Aufzählung von ‚Verwandten‘ hier überhaupt bezwecken? Die Bewohner von Nazareth staunten über die Lehre und Wunder Jesu. Und da fragten sie, wie auch ihr in ähnlichen Fällen manchmal fragt: Von wem hat er denn das alles? Sein Vater, der Zimmermann, ist doch ein einfacher Mann. Seine Mutter, die Maria, ist eine einfache, schlichte Frau, und auch an seinen Geschwistern ist nichts Auffallendes zu bemerken. Denn seine Brüder, der Jakobus und der Josef und der Simon und der Judas, verkehren doch täglich mit uns. Aber an ihnen haben wir bisher nichts Außergewöhnliches bemerkt. Auch seine Schwestern, die alle hier in unserem Orte sind, unterscheiden sich ebenfalls in nichts von den anderen weiblichen Bewohnern von Nazareth. Wie kommt nun der Jesus als einziger von allen seinen Geschwistern zu der wunderbaren Veranlagung?

Hier sagen zu wollen, mit der Bezeichnung ‚Brüder‘ und ‚Schwestern‘ Jesu seien hier bloß ‚Verwandte‘ gemeint, ist so töricht, daß niemand eine solche Behauptung aufstellen kann, wenn er sich nicht durch andere Gründe dazu gezwungen fühlt.

Aber hier siehst du, wie es geht, wenn man eine Unwahrheit durch eine andere schützen muß.

Die katholische Kirche hat die widersinnige Lehre aufgestellt, daß Maria trotz der Geburt Jesu Jungfrau geblieben sei. Dann durfte sie selbstverständlich erst recht nicht noch andere Kinder haben. Nun berichtet aber die Bibel an vielen Stellen von Brüdern und Schwestern Jesu. Da dies aber mit der Lehre von der immerwährenden Jungfrauschaft Marias in Widerspruch steht, so müssen die tatsächlich vorhandenen Brüder und Schwestern Jesu zu ‚Verwandten‘ gestempelt werden. Denn sonst wäre sowohl das Dogma von der immerwährenden Jungfrauschaft Marias als auch das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papsttums hinfällig.

Die Geburt Jesu verlief bei Mutter und Kind wie jede andere menschliche Geburt. Das neugeborene Kind wurde genährt, gepflegt und später der Muttermilch entwöhnt wie jedes andere Kind.

Die Engelbotschaft an die Hirten, deren Begrüßung des erschienenen Retters der Menschen, die Darstellung Jesu im Tempel und das Erscheinen der Magier aus dem Morgenlande verlief so, wie es eure neutestamentliche Bibel berichtet. Die Magier waren Werkzeuge Gottes mit großen medialen Gaben. Sie waren in ihrer Heimat Künder des wahren Gottesglaubens und durch ihren Verkehr mit der guten Geisterwelt in manche Heilswahrheiten eingeweiht worden. Durch dieselbe Geisterwelt, die den Hirten die Geburt des Heilandes verkündet hat, empfingen auch sie die Nachricht von dem freudigen Ereignis.

Schon vorher war es ihnen durch Boten Gottes als nahe bevorstehend angezeigt worden. Sie wurden nun aufgefordert, sich auf den Weg zu machen, um das Kind zu finden, in dem Gottes Sohn Mensch geworden. Der Ort selbst wurde ihnen nicht genannt. Es wurde ihnen bloß gesagt, daß ein Lichtschein vor ihnen hergehen werde, um ihnen den Weg zu zeigen. Nicht bloß die Magier, sondern jeder sah diesen Lichtschein, der wie ein strahlender Stern aussah und vor ihnen herzog. Durch ihn wurden die Magier auf dieselbe Weise geführt wie einst Mose und das israelitische Volk durch die Wolkensäule. Sie kamen zunächst nach Jerusalem, zu Herodes. Das war Fügung Gottes. Dadurch sollte der irdische Fürst die Geburt des Weltenkönigs erfahren, damit das durch den Propheten vorherverkündete Schicksal der bethlehemitischen Kinder seine Erfüllung fand. Auch hier war es das Eingreifen der christusfeindlichen Geistermächte, die durch Einflößung der Furcht um seinen Thron den irdischen Fürsten veranlaßten, den Kindermord zu begehen, um den neugeborenen Lehrer der Wahrheit zu vernichten.

Die Ankunft der Magier in Bethlehem erfolgte nach der Darstellung Jesu im Tempel. Die Eltern des Kindes waren mit dem Kinde von Jerusalem wieder nach Bethlehem gegangen. Dort wollten sie noch einige Zeit bleiben und dann nach Nazareth zurückkehren. Während ihres Aufenthaltes in Bethlehem erschienen die Magier. Nachdem diese ihre Rückreise angetreten hatten, rüsteten sich auch die Eltern des Kindes zur Heimkehr. Da erhielt Josef durch einen Boten Gottes die Weisung, mit Mutter und Kind nach Ägypten zu fliehen. Denn Herodes, der schon auf die erste Nachricht von der Geburt des neuen Königs der Juden den Entschluß gefaßt hatte, ihn aus dem Wege zu räumen, stand unmittelbar vor der Ausführung dieses Vorhabens.

Nachdem das Jesuskind dem Säuglingsalter entwachsen war, gestalteten sich seine Kinderjahre wie die anderer Kinder. Es lernte gehen und sprechen und spielte, wie es auch sonst bei Kindern der Fall ist. Es beging kindliche Fehler in derselben Weise, wie ihr sie bei allen anderen Kindern erlebt.

Der Knabe kam in die Jahre des Erwachens der Vernunft. Da in ihm der höchste der geschaffenen Geister verkörpert war, hatte er auch eine hohe menschliche Begabung. Aber trotzdem mußte er anfangen zu lernen, wie jeder, auch der Begabteste anfangen muß. Er kam als Kind zur Erkenntnis eines Gottes auf dieselbe Weise wie du dazu kamst, nämlich zunächst durch Belehrung von seiten seiner Eltern und Lehrer. Er hörte die Predigten über Gott in dem Betsaal seines Heimatstädtchens. Er besprach sich über das Gehörte mit seinen Eltern und Lehrern und ließ sich von ihnen Aufklärung über das geben, was er nicht verstanden hatte oder was ihm nicht richtig zu sein schien.

Auch die Versuchung zum Bösen trat an den Knaben heran wie an alle Menschenkinder und in der Stärke, wie es der kindlichen Kraft entsprach. Er überwand in einer seinem Alter entsprechenden Erkenntnis des Bösen die Versuchungen zur Sünde. Doch auch er strauchelte und beging Fehler aus menschlicher Schwäche, wie sie auch das beste Kind begeht.

Mit jeder Überwindung einer Versuchung zum Bösen erhielt der Knabe von Gott eine Vermehrung seiner inneren Kraft und Erkenntnis des Geistes. Aber in dem Maße, in dem die innere Widerstandsfähigkeit bei ihm wuchs, durften auch die bösen Mächte ihre Angriffe gegen ihn verstärken. So ist es auch bei jedem anderen Menschen.

Bei dem Jesusknaben wurde also auch hierin keine Ausnahme gemacht. Denn es ist ein für die Menschheit allgemein gültiges Gesetz, daß ein Mensch mit jedem neuen Sieg über das Böse eine größere Widerstandskraft gegen die Sünde erlangt, daß aber auch dem Bösen gestattet wird, mit entsprechend größerer Gewalt gegen ihn vorzugehen, so daß das ganze Leben eines gottestreuen Menschen ein beständiger Kampf gegen die gottfeindlichen Mächte bedeutet. ‚Ein Kriegsleben ist des Menschen Leben auf dieser Erde.‘

Einen großen inneren Kampf verursachten dem Jesusknaben bei zunehmendem Alter die vielen Irrtümer in der jüdischen Religion als der Religion seiner Eltern. Es waren alle jene Irrtümer, die im Laufe der Zeit von der jüdischen Kirche als Menschensatzungen und angebliche Ergänzungen des Gesetzes Gottes eingeführt worden waren.

Als er soweit war, daß er selbst die Urkunden des Alten Testamentes lesen und verstehen konnte, empfand er die Auslegungen, die von den jüdischen Gesetzeslehrern über so manche Bibelstelle gegeben wurden, als unrichtig. Und wenn er in seinem kindlichen Freimut seine Überzeugung seinen Eltern oder Lehrern gegenüber zum Ausdruck brachte, erhielt er manch harten Verweis. Diese im Gegensatz zu der jüdischen Kirchenlehre stehende Überzeugung des Knaben war es, die der Zwölfjährige im Tempel zu Jerusalem den Priestern zu deren größtem Erstaunen vortrug, ihnen darüber Fragen vorlegte und deren Fragen nach seiner eigenen Erkenntnis beantwortete.

Gewiß, er war in dieser Beziehung das, was ihr ein ‚Wunderkind‘ nennt. Ihr habt Wunderkinder auf den verschiedenen Gebieten menschlichen Könnens. Dieser Knabe war ein Wunderkind in der Erkenntnis der Heilswahrheiten Gottes. Aber er war Mensch wie alle anderen Menschen.

Er wußte zunächst nicht, wer er war und welche Aufgabe er als Mensch zu erfüllen hatte.


Weiter bei: 9.1 Die menschliche Geburt, die Kindheit und die Geschwister Jesu. (2)