Johannes Greber – 10.17 Ablaß – Heilige – Heiligenverehrung

Text Quelle : vom Medium Peter Bernath persönlich zum Mitveröffentlichung autorisiert.

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vierter Teil : 10.17

Im Zusammenhang mit der Lehre deiner bisherigen Kirche über Buße und Sündenvergebung muß ich noch eine sehr sonderbare Lehre dieser Kirche erwähnen. Es ist die Lehre vom Ablaß. Sie ist ein Anhängsel der Lehre von der Sündenvergebung. Denn wenn eine Kirche Sünden vergeben kann, warum sollte sie nicht auch Sündenstrafen erlassen können. Sie beansprucht damit also ein Begnadigungsrecht. Aber wie nur Gott Sünden vergeben kann, so kann auch nur Gott begnadigen.

Besonders merkwürdig ist die Erklärung, welche die katholische Kirche für ihr Begnadigungsrecht gibt. Sie spricht von einem ‚Kirchenschatz‘, der von den überschießenden Verdiensten Christi und der Heiligen angefüllt sein soll. Und von diesen Verdiensten nimmt sie nun in der Form des Ablasses einen Teil zum Ausgleich der fehlenden Verdienste reuiger Sünder, so daß deren Sündenstrafen entweder ganz oder teilweise erlassen werden. Ein gänzlicher Erlaß geschieht nach ihrer Lehre durch einen vollkommenen Ablaß und ein teilweiser durch einen unvollkommenen. Diese Lehre vom Ablaß ist aus verschiedenen Gründen widersinnig.

Zunächst kann kein Geschöpf Gottes mehr leisten, als es Gott schuldig ist, weder ein Geist noch ein Mensch.

Vor Gott, von dem es heißt, daß nicht einmal der Himmel rein ist in seinen Augen, ist auch der vollkommenste Geist nur ein Knecht, der bloß seine Schuldigkeit tut, auch wenn er das Höchste leistet, was in seiner Macht steht. Überschüssige Verdienste gibt es bei ihm nicht. Auch Christus hatte bei dem, was er vollbrachte, nicht mehr geleistet als er sollte. Hätte er weniger getan, so würde er seine hohe Aufgabe nicht erfüllt haben. Er wäre der Hölle unterlegen und von Gott abgefallen. Mehr als den Willen Gottes kann niemand tun. Und wenn er ihn erfüllt, dann tut er bloß seine Pflicht und Schuldigkeit. Er kann davon an andere, die ihre Schuldigkeit nicht tun, auch nicht das geringste abgeben.

Sein Heil hat ein jeder selbst zu wirken.

Das ist der zweite Grund, weshalb die Zuwendung des Verdienstes des einen an einen anderenunmöglich ist. Was nach euren menschlichen Gesetzen der Gerechtigkeit nicht angängig ist, gilt in demselben Maße von der Gerechtigkeit Gottes. Wie eure menschlichen Richter niemals einem Verletzer des Gesetzes deswegen seine Strafe ermäßigen, weil andere das Gesetz treu beachten, so wird auch einem Sünder nie deswegen etwas von seiner Strafe geschenkt, weil andere die Gebote Gottes hielten. Wo bliebe sonst seine Gerechtigkeit?

Und wie denkt ihr euch eigentlich einen solchen Kirchenschatz der überschießenden Verdienste anderer? – Meint ihr vielleicht, das geistige Leben in Gott könne in einer Schatzkammer aufgespeichert werden, wie eure irdischen Kirchenschätze, so daß es je nach Bedarf für andere hervorgeholt werden könne? Wie unvernünftig ihr Menschen doch so oft in eurem Denken seid. Und wie über alle Maßen töricht ist in deiner bisherigen Kirche die Handhabung des Ablasses.

Könnt ihr als vernünftige Menschen es für möglich halten, daß ein Nachlaß von Sündenstrafen an lächerliche äußerliche Bedingungen geknüpft ist? – Solltest du deswegen, weil du ein Gebet an einem gesegneten Rosenkranz verrichtest, einen Nachlaß der Strafe erlangen, aber nicht dann, wenn du ohne einen Rosenkranz in der Hand zu Gott betest? – Solltest du einen vollkommenen Nachlaß aller deiner Sündenstrafen erhalten, weil du an einem bestimmten Tage und in einer bestimmten Kirche ein bestimmtes Gebet verrichtest – und dieses Nachlasses verlustig gehen, wenn du dasselbe oder gar ein besseres Gebet in deinem Kämmerlein betest?

Sollten dir deswegen in deiner Todesstunde alle Sündenstrafen erlassen werden, weil du ein gesegnetes Sterbekreuz in der Hand hast oder ein geweihtes Skapulier trägst, mit dem deine Kirche einen sogenannten vollkommenen Ablaß verbunden hat? – Glaubst du wirklich, daß Sterbekreuz und Skapulier dich retten können, wenn du ohne diese Dinge dem Strafgericht Gottes anheimfielest? Kannst du wirklich glauben, daß mit bestimmten Gebeten, Besuch von Wallfahrtsorten und ähnlichen Dingen ein Strafnachlaß verbunden ist, den deine Kirche nach Belieben bestimmen und abstufen kann? Ist es nicht vielmehr eine Lästerung des großen und heiligen Gottes, seine Erweise des Erbarmens und der Liebe als an solche Lächerlichkeiten geknüpft zu betrachten?

Nicht Menschen, nicht Päpste und Bischöfe können Nachlaß von Sündenstrafen erteilen, Gott allein ist derjenige, der jedem vergilt nach seinen Werken.

Die innere Umkehr des Sünders zu Gott und seine Werke der Liebe sind die Maßstäbe, die Gott bei seinem Verzeihen und Begnadigen anwendet.

Wer sich in Reue zu Gott wendet, erhält Verzeihung seiner Sünden; und wenn er sich Mühe gibt, die Werke der Liebe zu vollbringen, indem er seinen Mitmenschen verzeiht und ihnen nach Kräften hilft, dann werden ihm auch die für die Sünden verdienten Strafen erlassen.

Darum sagt Christus bei Maria Magdalena: ‚Ihr wird viel vergeben, weil sie viel geliebt hat; und wem weniger vergeben wird, der hat auch weniger geliebt.‘ Hier ist selbstverständlich nicht die Geschlechtsliebe gemeint, sondern die Gottes- und Nächstenliebe. Wer viel Liebe seinen Mitmenschen erweist, dem wird auf dem Wege der Begnadigung auch viel von der für seine Sünden verdienten Strafe erlassen. Auf die Waagschale werden die Sündenstrafen gelegt und auf die andere die Werke der Nächstenliebe. Soviel wie die Schale der Strafen schwerer wiegt als die Schale der Werke der Liebe, so viel hat der Sünder abzubüßen.

Wem also wenig an Strafe erlassen wird, der hat auch wenige Werke der Liebe aufzuweisen.

Maria Magdalena hatte viel gesündigt. Aber sie war auch stets hilfsbereit, wenn es galt, den Notleidenden und unschuldig Verfolgten beizustehen. Darum wurde ihr, nachdem sie sich von ihrem Sündenleben abgewendet hatte, eine sehr weitgehende Begnadigung zuteil.

Nun spricht allerdings Christus von einer Sünde, die weder in diesem noch im anderen Leben vergeben wird. Das Wort ‚vergeben‘ hat auch hier, wie an so vielen anderen Stellen der Bibel, die Bedeutung ‚begnadigen‘. Bei der Sünde, die Christus meint, gibt es keine Begnadigung. Die Strafe dafür muß ganz abgebüßt, der ‚letzte Heller bezahlt werden‘. Diese Sünde hat er in folgenden Worten angegeben:

Matthäus 12, 31 – 32: ‚Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden; aber die Lästerung des Geistes wird nicht vergeben werden. Und wenn jemand ein Wort wider den Menschensohn sagt, wird es ihm vergeben werden; wer aber etwas wider den Heiligen Geist sagt, dem wird es weder in dieser Welt noch in der zukünftigen vergeben werden.‘

Wer die Wirkung des Geistes Gottes kennengelernt hat, wessen Seele durchstrahlt worden ist von der Wahrheit, die Gottes Geister unter der Kraftwirkung Gottes ihm mitgeteilt, und wer trotzdem aus irdischen Rücksichten die Wahrheit ablehnt, der begeht die Sünde wider den Geist, für deren Strafe es keine Begnadigung gibt.

Der Grund für die Ablehnung einer Begnadigung liegt in der Natur dieser Sünde. Denn wenn die höchsten Beweise der Wahrheit, die Gottes Geister liefern können, einen Menschen nicht zur Annahme der Wahrheit bewegen, obschon er in seinem Inneren die Wahrheit als Wahrheit erkennt und fühlt, welches andere Mittel gibt es denn da noch, ihn zur Annahme der Wahrheit zu bringen? Da bleibt nur noch eins: Er muß durch vollständige Abbüßung der schweren Strafe für diese Sünde zuerst innerlich mürbe gemacht werden. Er muß elend und hungrig werden, wie der verlorene Sohn.Erst dann wird er reif dafür, daß ihm von Gott noch einmal die Wahrheit angeboten wird.

Das jüdische Priestertum, die Pharisäer und Schriftgelehrten begingen diese Sünde wider den Geist. Sie hörten die Lehre Christi und sahen täglich mit eigenen Augen die Bestätigung seiner Lehre durch die Kraftwirkungen der Geister Gottes, durch die er die Kranken heilte, Tote erweckte und andere Wundertaten vollbrachte.

Größere Beweise der Wahrheit konnten nicht gegeben werden. Aber trotzdem nahmen seine Gegner die Wahrheit nicht an. Sie lästerten vielmehr die Geister Gottes, die in Christus wirkten, indem sie dieselben als ‚Teufel‘ erklärten.

So würdest auch du die Sünde wider den Geist begehen, wenn du nach den empfangenen überwältigenden Beweisen der guten Geisterwelt die dir geschenkten Wahrheiten aus Menschenfurcht oder anderen Gründen von dir weisen würdest.

Bei allen anderen Sünden macht Gott von dem Mittel der Begnadigung einen viel reicheren Gebrauch, als die Menschen es verdienen, soweit sie nur den guten Willen aufbringen und sich Mühe geben, sich zum Guten zu wenden. Alle Menschen und sündigen Geister sind auf diese Begnadigung angewiesen.

Denn kein Mensch ist sündenlos und tritt unbefleckt aus diesem Leben ins Jenseits. Es gibt darum auch keine menschlichen ‚Heiligen‘ in dem Sinne, wie deine bisherige Kirche es lehrt.

Die katholische Kirche versteht unter einem ‚Heiligen‘ etwas ganz anderes, als das Urchristentum darunter verstanden hat. Die Apostel gebrauchen in ihren Briefen sehr häufig das Wort ‚Heilige‘. Sie meinen damit jeden, der die Lehre Christi als göttliche Wahrheit annimmt und sich bemüht, sein Leben nach dieser Lehre einzurichten. Darum reden sie die Glieder der Christengemeinden mit ‚Heilige‘ an. Sie wollen damit nicht zum Ausdruck bringen, daß die ersten Christen keine Sünden begingen. Sie tadeln sie vielmehr in fast jedem Briefe wegen ihrer täglichen Sünden und menschlichen Verirrungen. Sie wußten, daß kein Mensch ohne Sünde ist. ‚Wenn wir behaupten, keine Sünden zu haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns‘, sagt der Apostel Johannes .

Deine Kirche ist in diesem Punkte anderer Ansicht.

Sie behauptet, daß diejenigen, die sie als ‚Heilige‘ verehrt, entweder ihr ganzes Leben sündenfrei gewesen seien, wie die Mutter Jesu, oder daß sie doch von dem Tage ihrer Bekehrung an keine Sünden mehr begingen. Sie lehrt, daß diese ‚Heiligen‘ bei ihrem irdischen Tode sofort zur Anschauung Gottes gelangt seien und daß Gott ihre Heiligkeit durch Wunder bestätigt habe. Sie nimmt ferner für sich die Macht in Anspruch, unfehlbar erklären zu können, ob jemand als ‚Heiliger‘ zu verehren sei. Die Heiligkeit liegt in dem Willen und in der Gesinnung eines Menschen.

Da kein Mensch, auch kein Papst, die Gesinnung eines Menschen erkennen und unfehlbar beurteilen kann, so bedarf es keines weiteren Beweises, daß eine Heiligsprechung durch Menschen nie den Anspruch auf Wahrheit erheben kann. Gott allein spricht heilig, sonst niemand! Nur Gott kennt das Menschenherz.

Von keinem könnt ihr sagen, ob er der Liebe oder des Hasses Gottes würdig ist. Es ist eine ungeheure menschliche Überhebung, mit Unfehlbarkeit sagen zu wollen, daß dieser oder jener Mensch bei Gott ist. Denn neben der wahren Heiligkeit gibt es auch die Scheinheiligkeit; und oft sind beide nicht voneinander zu unterscheiden.

Und was die angeblichen Wunder betrifft, die Gott durch die Heiligen gewirkt haben soll, so ist zunächst eine große Zahl davon in das Reich der Dichtung zu verweisen. Andere euch wunderbar erscheinende Vorgänge in ihrem Leben beruhten auf verschiedenen medialen Gaben, durch die sie in Verbindung mit der Geisterwelt standen, ohne daß ihr heute angeben könnt, ob es die gute oder böse Geisterwelt war, die sich bei ihnen kundgab.

Die Zauberer zur Zeit des Mose in Ägypten und der Magier Simon in Samaria, den seine Zeitgenossen die ‚große Kraft Gottes‘ nannten, haben mehr sogenannte Wunder gewirkt als irgendein Heiliger der katholischen Kirche. Und doch war es das Böse, das in ihnen wirksam war, wenn auch unter dem Deckmantel des Guten.

Gott hat kein Interesse daran, euch durch Wunderzeichen kundzutun, wer heilig ist. Denn er will keine Heiligenverehrung, keine Verehrung von Reliquien der Heiligen, keine Wallfahrten zum Grabe eines Heiligen oder zu sonstigen Heiligtümern. Denn das alles ist feiner Götzendienst.

Warum wollte Satan den Leichnam des Mose haben? Er wollte ihn dem israelitischen Volke zu derselben Verehrung übergeben, die ihr den Überresten eurer ‚Heiligen‘ erweist. Und warum hat Michael mit Satan gerungen, ihm den Leichnam des Mose zu entreißen? Aus demselben Grunde, aus dem ihr auch heute keine Heiligen- und Reliquienverehrung und keine Wallfahrten haben sollt. Das israelitische Volk würde dadurch einen großen Teil der Ehre Gott entzogen und mit der Leiche des Mose einen ähnlichen Kult getrieben haben, wie ihr ihn heute mit den Überresten eurer Heiligen treibt. Wenn ihr auch sagt, ihr verehrtet in den Heiligen Gott selbst, so ist das bloß Schein. In Wirklichkeit setzt das katholische Volk auf die Heiligen, ihre Bilder, Statuen und Reliquien einengroßen Teil des Vertrauens, das es nur auf Gott setzen sollte. Mit demselben Rechte hätte Gott ja auch die Leiche des Mose den Israeliten überlassen können.

Die ersten christlichen Jahrhunderte kannten keine Heiligenverehrung, auch keine Marienverehrung, die in deiner Kirche, wie du selbst wohl feststellen konntest, mehr gepflegt wird als die Verehrung Gottes. Das ‚Gegrüßet seist du, Maria‘ wird viel mehr gebetet als das ‚Vaterunser‘. Denk an euer Rosenkranzgebet, das ja der Gebetsersatz bei allen Gelegenheiten ist.

Christus und die Apostel und die ersten Christen kannten nur eine Verehrung Gottes und keine Verehrung von Geistern des Reiches Gottes.

Auch sie hatten damals Menschen, die nach menschlicher Ansicht als große ‚Heilige‘ gestorben waren: einen Johannes den Täufer, von dem Christus sagt, er sei der größte, der je vom Weibe geboren, einen Stephanus, der als Märtyrer starb, einen Apostel Jakobus, um nur einige von denen zu nennen, die in den biblischen Zeiten starben. Aber es fiel den Aposteln nie ein, diese als Heilige auch nur zu erwähnen, geschweige denn, sie mit einer gottesdienstlichen Verehrung zu umgeben, wie dies heute geschieht.

Auch Maria wird nie von den Aposteln erwähnt.

Die ganze Heiligenverehrung ist eine menschliche Erfindung viel späterer Zeiten.

Der Apostel Paulus spricht sich gegen die aus, die sich in Verehrung von ‚Engeln‘ gefallen. Unter ‚Engel‘ versteht er alle bei Gott weilenden Geister, also dasselbe, was ihr mit ‚Heilige‘ bezeichnet. Alle von Gott geschaffenen heiligen Geister haben das, was sie besitzen, nicht aus sich und können von sich aus nicht das Geringste den Menschen geben. Alles kommt von Gott.

Darum sei auch Gott allein die Ehre!

Das ist auch der Grund, weshalb die guten Geister Gottes, die sich euch kundtun, jedesmal den Dank ablehnen, den ihr ihnen aussprecht. Stets, wenn du dich bei ihnen bedanken wolltest, erhieltest du die Antwort: ‚Danke Gott!‘


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