Johannes Greber – 10.6 + 10.7 Der Ursprung des Menschengeistes und die Erbsünde

Text Quelle : vom Medium Peter Bernath persönlich zum Mitveröffentlichung autorisiert

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vierter Teil : Seite 10.6 + 10.7

Weil das heutige Christentum das große Weltgeschehen nicht versteht, darum ist es in den wichtigsten Jenseitsfragen so ratlos. Darum kann es weder den Ursprung des Menschengeistes, noch die auf dem Menschengeist lastende Sünde des Abfalles von Gott, noch den Zweck der materiellen Schöpfung erklären. In allen diesen Fragen stellt es völlig irrige Lehren auf.

Viertens: Wenn man von den heutigen christlichen Religionen über den Ursprung des Menschengeistes Aufschluß erbittet, so geben sie euch zur Antwort: ‚Der Menschengeist wird im Augenblick der menschlichen Zeugung von Gott geschaffen. Er ist jedoch mit einer Sünde belastet, der sogenannten ‚Erbsünde‘, weil der irdische Stammvater Adam in einem irdischen Paradies gesündigt hat und diese Sünde auf alle seine Nachkommen übergeht.

Sie bedenken nicht das Törichte einer solchen Lehre.

Sie erwägen nicht, daß alles, was Gott schafft, rein und ohne Fehl aus seiner Hand hervorgeht, und daß die Befleckung eines Geistes nur durch persönliches Verschulden erfolgen kann; daß daher auch der Menschengeist, wenn er bei der menschlichen Zeugung von Gott geschaffen würde, ganz rein und unbefleckt wäre.

Von einer ‚Erbsünde‘ könnte in diesem Falle keine Rede sein. Denn wie sollten die Nachkommen Adams deswegen von Gott mit einer Knechtschaft der Sünde und einem Ausschluß vom Reiche Gottes bestraft werden, weil der Stammvater gesündigt hat? Von demselben Gott, der gesagt hat:

Hesekiel 18, 20: ‚Ein jeder, der Sünde tut, soll sterben; aber ein Sohn soll die Schuld des Vaters nicht mittragen.‘

Demnach können die Nachkommen Adams nicht wegen des Abfalles ihres Stammvaters von Gott bestraft werden, wenn sie nicht selbst diesen Abfall mitgemacht haben. Tatsächlich sind sie, wie ich dich bereits belehrt habe, persönlich abtrünnig geworden, indem sie dem Beispiel Adams als Geist folgten und sich gleich ihm den Ausschluß aus Gottes Reich mit all seinen furchtbaren Folgen durch eigenes Verschulden zuzogen.

Es ist also richtig, daß der Menschengeist von der Geburt an eine Sünde auf sich hat, die ihr ‚Erbsünde‘ nennt. Aber unrichtig ist eure Lehre, daß der Geist des Menschen erst bei der menschlichen Zeugung ins Leben tritt und eine Sünde auf sich habe, ohne persönlich gesündigt zu haben.

Wie wollt ihr ferner bei eurer falschen Lehre über den Ursprung des Menschengeistes das Leid in der Welt erklären?

Sollte Gott Geschöpfe zum Leiden ins Leben rufen und unter Qualen sterben lassen, ohne daß sie persönlich etwas Unrechtes begangen haben?

Betrachte die Millionen von Kindern, die jährlich in größter Qual ihre Seele aushauchen! Womit haben sie das verdient? – Haben sie etwa in ihrem jetzigen Dasein Gott beleidigt, daß er sie so schwer bestraft? – Sie konnten ja noch gar nicht sündigen; sie konnten gut und böse noch nicht unterscheiden. Und doch sollte der unendlich gütige und gerechte Gott unschuldige Kinder quälen?

Wo bliebe da seine Güte und vor allem, wo bliebe seine Gerechtigkeit?

So grausam und ungerecht ist nicht einmal der brutalste irdische Vater, daß er sich an einem harmlosen Kind vergreift, das ihm nichts zuleide getan hat.

Und Gott sollte das tun?

Ihr möget alle erdenklichen Ausflüchte suchen, um dies zu erklären, es gelingt euch nicht, die grausame Ungerechtigkeit wegzudisputieren, die in dem Schicksal dieser Kinder läge. – Das gilt von dem Menschenschicksal überhaupt. –

Aber wenn ihr wißt, daß euer Geist schuldbeladen aus einem früheren Dasein in das jetzige tritt, dann sind alle Schicksalsrätsel mit einem Schlage gelöst. Dann steht euch sowohl der große Abfall von Gott vor Augen, den der Geist des Menschen einst begangen, als auch etwaige frühere Menschenleben, die der Mensch mit Freveln belastet hat, deren Strafe und Sühne das jetzige Leben bedrücken.

Wenn ihr das bedenkt, dann wird euch nicht mehr die Frage auf die Lippen kommen, die ihr so oft in Stunden tiefen Leides auszusprechen pflegt: ‚Womit habe ich das verdient?‘ Wenn Gott euch auf diese Frage euer ganzes vergangenes Dasein in einem Bilde vor Augen stellen wollte, dann würdet ihr vor Grauen verstummen.

Auch so vieles aus den biblischen Schriften würde euch verständlich sein, was euch bis jetzt dunkel geblieben ist. So würdet ihr den scheinbaren Widerspruch von selbst lösen können, der in den Worten des Alten Testamentes enthalten ist, indem es einmal heißt: ‚Ein Sohn soll die Schuld des Vaters nicht mittragen‘ und ein anderes Mal: ‚Ich will die Sünden der Väter an den Kindern strafen bis ins dritte oder vierte Glied‘.

Wenn Gott die Sünden der Väter an den Kindern straft, so geschieht es nicht in der Weise, daß er unschuldige Kinder für das Vergehen des Vaters leiden läßt. Das wäre ein Unrecht. Vielmehr verkörpert er in dessen Kindern solche Geister, die von sich aus ein schweres Schicksal verdient haben, aber infolge dieses Schicksals auch für ihren Vater eine sichtbare Strafe sein sollen. Und da ein Vater seine Nachkommen höchstens bis ins dritte oder vierte Glied erlebt, so kann diese Strafe für ihn bis ins vierte Glied dauern.

Wie erklärst du ferner bisher, bei deiner bisherigen Lehre von der Erschaffung des Menschengeistes im Augenblick der Zeugung, den Satz der Bibel: ‚Gott kann auch aus diesen Steinen Kinder Abrahams erwecken?‘

Du sagst vielleicht, daß Gott in seiner Allmacht aus den Steinen Menschen erschaffen könne. Aber solche Menschen wären doch keine Kinder Abrahams. Denn Menschen können nur auf dem Wege der Zeugung Kinder Abrahams werden, indem sie durch ihre menschlichen Vorfahren von Abraham abstammen. Wie aber können Steine auf dem Wege der Zeugung Kinder Abrahams werden?

Mit all eurer theologischen Weisheit vermöget ihr das nicht zu erklären.

Wenn du aber weißt, daß in den Steinen, wie überhaupt in der Materie, Geister verkörpert sind, dann ist die Erklärung von selbst gegeben.

Dann begreifst du, daß Gott die in den Steinen verkörperten Geister ihrer Hülle entkleiden und sie den Kindesleibern einverleiben kann, die auf dem Wege der Zeugung im Schoße der Nachkommenschaft Abrahams ins Dasein treten. Dasselbe gilt von den Worten Christi:

Lukas 19, 40: ‚Ich sage euch: Wenn diese schwiegen, würden die Steine schreien.‘

Steine können selbstverständlich nur dann schreien, wenn ein Geist in ihnen lebt.

 

10.7 Der Begriff der Sünde.

 

Fünftens: Wie ihr eine ganz falsche Lehre von der Erbsünde aufgestellt habt, so ist auch eure Auffassung von der Sünde überhaupt eine verkehrte.

Die Bibel unterscheidet zwischen der Sünde als ‚Abfall von Gott‘ und den Sünden als menschliches Straucheln der Gottesgläubigen.

In dem ersten Brief des Apostels Johannes steht eine Stelle, deren Erklärung euch große Schwierigkeiten bereitet. Sie lautet:

1. Johannes 5, 16 – 17: ‚Wenn jemand seinen Bruder sündigen sieht, und es ist keine Sünde zum Tode, so soll er für ihn beten und ihm so Lebenskraft geben, nämlich denen, die keine Sünde zum Tode begehen. Es gibt auch eine Sünde zum Tode. Wenn jemand eine solche begeht, sage ich nicht, daß man für ihn beten soll. Jedes Unrecht ist eine Sünde. Aber nicht jede Sünde führt zum Tode‘

Hier macht also Johannes einen Unterschied zwischen der Sünde, die zum Tode führt und den Sünden, die nicht zum Tode führen. Und – was euch in den Worten dieses Apostels am unverständlichsten klingt – ihr braucht für einen, der die Sünde zum Tode begeht, nicht einmal zu beten.

Den Sinn dieser Worte kann ich dir am besten an einem Beispiel klarmachen:

Die Soldaten haben bei ihrem Eintritt zum Militär einen Fahneneid zu leisten. Dadurch werden sie Soldaten ihres Vaterlandes. Nun kommen ja auch bei den Soldaten Fehler vor, für die sie nach den militärischen Gesetzen bestraft werden, ohne daß sie dadurch aufhören, Soldaten ihres Vaterlandes zu sein. Aber eine Soldatensünde gibt es, durch die einer aufhört, Soldat seines Vaterlandes zu sein und auf der die Todesstrafe ruht. Es ist dies die Fahnenflucht durch Übergehen zum Feinde des Vaterlandes. Dadurch wird er tot für die eigene Heimat. Es ist militärisch ‚die Sünde zum Tode‘. Und wenn die Mutter eines solchen Deserteurs bei der Regierung ihres Landes um Gnade für ihren fahnenflüchtigen Sohn bitten würde, so wäre dies zwecklos. Denn er untersteht ja nicht mehr der Gewalt des eigenen Staates, sondern hat sich unter die Herrschaft eines feindlichen Staates begeben und ist jetzt dessen Gesetzen unterworfen. Dieser Staat läßt ihn nicht mehr frei, selbst wenn der Fahnenflüchtige zurückwollte. Aber er will ja auch gar nicht zur alten Heimat zurückkehren. – Die an die heimatliche Regierung gerichteten Gnadengesuche der Mutter sind also vollkommen zwecklos.

Wende dieses Beispiel auf eure Stellung zu Gott an.

Als gottesgläubige Menschen seid ihr Untertanen des Reiches Gottes. Wenn ihr auch als schwache Erdenpilger täglich kleinere oder größere Fehler begeht, so sind das Sünden, für die ihr zwar von Gott bestraft werdet, durch die ihr jedoch nicht aufhört, Untertanen des Reiches Gottes zu sein. Kehrt ihr aber Gott den Rücken durch Unglauben, Gottesleugnung oder indem ihr lebt, als ob es keinen Gott gäbe, so ist das die Sünde der Fahnenflucht. Es ist die Sünde, durch die ihr euch vom Reiche Gottes trennt und in das Reich der bösen, gottfeindlichen Mächte übergeht. Ihr gebt den Gehorsam gegen Gott vollständig auf, wie ja ein Deserteur durch die Fahnenflucht sich dem Gehorsam gegen seinen Landesherrn entzieht. Ihr seid tot für das Reich Gottes. Ihr habt ‚die Sünde zum Tode‘ begangen.

Was sollte also das Gebet eines anderen für einen solchen Überläufer für Nutzen haben?

Jener will ja von Gott nichts wissen und nicht zu ihm zurückkehren. Gott müßte ihn also auf euer Gebet hin zwingen, zurückzukehren. Das kann Gott nicht, weil er jedem den freien Willen gegeben hat und niemals in die freien Entscheidungen eines Geschöpfes mit Zwang eingreift.

Sein Heil muß jeder aus freier Entschließung wirken.


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