Johannes Greber – 7.-7.1 Der Spiritismius im Lichte der heutigen Wissenschaft

Dritter Teil : 7.7.1 Das Medium Kluski in Warschau (1)

Vor der Zeit, als ich die Verbindung mit der Geisterwelt kennenlernte, hatte ich keine Kenntnis von der Möglichkeit einer solchen Verbindung. Weder Bücher noch Zeitschriften hatte ich gelesen, die sich damit beschäftigten. Auch während der Zeit, in der ich durch meine Führer aus dem Jenseits die in diesem Buch niedergelegten Belehrungen empfing, kam ich weder mit anderen spiritistischen Kreisen in Berührung, noch nahm ich spiritistische Literatur zur Hand.

Als Geistlicher widmete ich mein ganzes Interesse den Wahrheiten, die mir Woche für Woche durch die Medien zuteil wurden und vor allem mein religiöses Denken von Grund auf änderten. Mein Studium galt der Heiligen Schrift. Ich wollte sehen, ob die mein bisheriges Glaubensgebäude umstürzenden neuen Wahrheiten mit den Lehren der Bibel übereinstimmten.

Die Heilige Schrift galt mir als Prüfstein.

Auch die Geisterwelt mahnte mich ständig, die neuen Lehren mit denen der Bibel zu vergleichen.

In den gottesdienstlichen Versammlungen nahm der sich offenbarende Geist ebenfalls stets die Bibel und erklärte ihren Inhalt.

Als ich jedoch das neue Wahrheitsbild nach einer gewissen Zeit in mich aufgenommen hatte und es bei mir zur festen Überzeugung geworden war, wurde ich aufgefordert, die spiritistischen Phänomene der heutigen Zeit kennenzulernen. Dadurch sollte ich Gelegenheit haben, jene Erscheinungen an Hand der mir mitgeteilten Gesetze zu prüfen und zu erklären. Wenn ich etwas finden sollte, was ich nicht verstand, brauchte ich bloß in meinen Sitzungen zu fragen, und die gewünschte Aufklärung wurde mir zuteil.

Von vornherein stand es bei mir fest, daß ich nur solche Phänomene einer Prüfung unterziehen würde, deren Echtheit einwandfrei feststand.

Da lernte ich Anfang des Jahres 1928 eine wissenschaftliche Zeitschrift kennen, die unter der Mitarbeit bedeutender Professoren fast aller Länder herausgegeben wird und solche Erscheinungen behandelt, die mit den bisher bekannten Naturgesetzen nicht erklärt werden können.

Die Zeitschrift führt den Titel: „Zeitschrift für Parapsychologie“

Das Wort „Parapsychologie“ bedeutet die Lehre von dem, was über die gewöhnlichen Gesetze des Seelenlebens hinausgeht.

Die ersten Jahrgänge 1926 und 1927 dieser Zeitschrift machte ich zum Gegenstand meiner vergleichenden Studien. Das darin berichtete Tatsachenmaterial ist in einer Weise als echt erwiesen, daß man keinen Grund findet, an der Echtheit zu zweifeln. Es umfaßt alle Erscheinungen, die auf dem Gebiet des Geisterverkehrs vorkommen. Es werden darin allerdings bloß die Tatsachen angegeben. Wie sie zu erklären sind, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Von einer Geisterwelt als Träger jener Phänomene will die heutige Wissenschaft nichts wissen, und nur schüchtern erwähnt hier und da der eine oder andere der Gelehrten die Möglichkeit einer Einwirkung von seiten geistiger Wesen. Anstatt dessen legt man sich Erklärungen zurecht, die dem Denken eines normalen Menschen als unvernünftig erscheinen müssen.

Da die „Medien“ der Geisterwelt als Kraftquellen für die Hervorbringung der verschiedenen Phänomene dienen, so gruppiere ich in der folgenden Darstellung die heute zutage tretenden medialen Erscheinungen um Medien, die in der genannten Zeitschrift besprochen werden. Die Tatsachen entnehme ich dieser Zeitschrift, und die richtige Erklärung der geschilderten Vorgänge gebe ich am Schluß eines jeden Abschnittes.

 

7.1  Das Medium Kluski in Warschau

Zeitschrift für Parapsychologie, Jahrgang 1926, S. 5 – 22.

F. W. Pawlowski, Professor der Anatomie an der Universität Michigan, USA, erstattet einen ausführlichen Bericht über seine Erlebnisse mit dem Medium Kluski in Warschau. Er schreibt:

„Die Phänomene, welche ich bei Kluski erlebte, waren ganz außerordentlich und übersteigen alles, was ich bisher darüber gelesen und gehört hatte. Die gewöhnlichen Vorarbeiten vor Beginn einer Sitzung mit dem Medium Kluski bestanden darin, daß der Versuchsraum und die darin vorhandenen Gegenstände einer genauen Untersuchung unterzogen wurden. Fenster und Türen wurden verschlossen und versiegelt und mit Wachspapierstreifen verklebt, auf die von den Teilnehmern geheime Zeichen und deren Unterschrift angebracht wurden. Auf Wunsch und wenn keine Damen im Zirkel anwesend waren, saß das Medium nackt da.

Sobald alle Teilnehmer ihre Plätze um den Tisch eingenommen und Kette gebildet hatten, fiel das Medium fast augenblicklich in tiefe Trance. Die Phänomene setzten dann meistens sofort ein. Die Kette wurde durch gegenseitiges Einhaken des kleinen Fingers in den des Nachbarn gebildet. Dadurch waren die Teilnehmer in der Lage, den übrigen Teil ihrer Hand frei bewegen zu können, also zu schreiben, zu fühlen und zu betasten, ohne den Kontakt zu unterbrechen.

Die Sitzungen fanden entweder bei vollkommener Dunkelheit oder bei Beleuchtung mit Rotlichtlampe statt. In beiden Fällen lagen Leuchtplatten auf dem Tisch bereit. Diese Leuchtplatten haben die Größe eines Quadratfußes und sind aus leichten Holzplatten mit Handhaben, etwa wie wir sie an Toilettenspiegeln finden, hergestellt. Auf einer Seite sind sie mit einer Leuchtmasse bestrichen.

Es ist für die Teilnehmer oft nicht nötig, das Weißlicht im Raume auszuschalten. Denn sobald das Medium in Trance zu fallen beginnt, verlöscht das Weißlicht von selbst, und das Rotlicht wird eingeschaltet. Ständige Sitzungsteilnehmer erzählen, daß die Aus- und Einschaltung des LICHTS langsam und stufenweise sich vollzieht. Durch persönliche Erfahrung und durch Informationen aus erster Hand, durch vollkommen ehrenhafte Beobachter kann ich feststellen, daß durch das Medium Kluski folgende Phänomene hervorgebracht werden:

Klopftöne oder Schläge, die sehr charakteristisch sind und etwas ganz Eigenartiges darstellen. Ich hörte sie oftmals und habe mir das an ihnen besonders Auffallende sofort notiert, ohne von anderen darauf aufmerksam gemacht worden zu sein. Ich konnte deutlich hören oder noch besser fühlen, daß sie nicht auf der Oberfläche des Tisches oder der Mauer erzeugt wurden, sondern innerhalb derselben. Ich verweile hier länger; denn ich machte verschiedene Versuche, die von Kluski hervorgebrachten Klopflaute nachzuahmen. Es gelang mir aber absolut nicht, den in den Kluski-Sitzungen erzeugten Ton der Schläge zu erhalten.

Levitationen (Freischweben des menschlichen Körpers) sah ich selbst nicht. Aber ich hörte, daß sie in Kluskis Zirkel oftmals stattfinden. Nicht nur der Tisch wurde umgestürzt und gehoben, auch das Medium sowie einer oder einige der Teilnehmer wurden mehrere Fuß hoch über den Boden erhoben.

Erscheinungen oder Phantome. Kluskis Spezialität ist die Erzeugung teilweiser, meistens aber vollkommen ausgebildeter Erscheinungen oder Phantome. Die teilweisen Materialisationen sind in der Mehrzahl Köpfe. Diese Materialisationen erscheinen fast plötzlich über oder hinter dem Medium, oder noch öfter hinter oder zwischen Sitzungsteilnehmern, die sich entfernt vom Medium befinden. Nach einigen heftigen und deutlich hörbaren Schlägen auf den Tisch oder an den Wänden erscheinen leuchtende Sterne oder Funken, die sich über den Tisch erheben und sich gegen die Zimmerdecke bewegen. Die bläulichen Lichtfunken schwanken zwischen Erbsen- und Haselnußgröße und erreichen an Zahl oft das Dutzend. Sie bewegen sich alle zugleich mit ziemlicher Schnelligkeit über den Plätzen der Sitzungsteilnehmer nach allen Richtungen hin, formen sich zu Schwärmen oder zu Paaren. Manche verschwinden, einige kommen paarweise herab bis in die Nähe der Sitzungsteilnehmer. Wenn sie im Abstand von ungefähr 16 Zoll von mir sich befanden, sah ich zu meinem großen Erstaunen, daß es menschliche Augenpaare waren, die mich ansahen. In wenigen Minuten formte sich aus einem solchen Augenpaar ein vollkommen ausgebildeter menschlicher Kopf, der durch eine ebenfalls materialisierte Hand mit leuchtender Innenfläche sehr gut beleuchtet wurde. Die Hand erhob sich über den Kopf, um ihn von allen Seiten zu beleuchten und ihn dem Beschauer zu zeigen. Dabei sahen die Augen die Sitzungsteilnehmer mit festen Blicken an, und das Gesicht hatte einen freundlichen, lächelnden Ausdruck. Ich sah eine Anzahl solcher Köpfe, manchmal zwei zu gleicher Zeit, die wie Luftballons von einem der Teilnehmer zum anderen flogen und auf die Bitte: `Komm doch zu mir her!` von einem weit entfernten Punkte auf dem kürzesten Wege zu dem Bittsteller hinflogen, oft quer über den Tisch und mit der größten Schnelligkeit, wie Sternschnuppen.

Unsichtbare, jedoch durch Tritte, Krachen des Fußbodens hörbare Phantome stellten sich ein, deren lebende, sanfte Hände und Finger mich im Gesicht, an den Händen und am ganzen Körper berührten. Das Gefühl, von einer lebenden menschlichen Hand berührt zu werden, war unverkennbar deutlich. Diese unsichtbaren Phantome bringen auf Wunsch aus den verschiedensten Teilen des Sitzungsraumes Gegenstände herbei, machen aber trotz der Dunkelheit nie einen Fehlgriff, stoßen nirgends an und berühren keinen der Teilnehmer, wenn sie schwere Gegenstände, wie eine 30 Pfund schwere Bronzebüste oder den mit geschmolzenem Paraffin gefüllten Eisentopf im Gewicht von 12 kg hinstellen.

Bei Rotlicht sichtbare Erscheinungen traten auf. Diese Phantome nahmen meistens die auf dem Tische liegende Leuchtplatte, den dunklen Teil gegen die Teilnehmer gekehrt, zur Hand und beleuchteten sich selbst, indem sie von einem Teilnehmer zum anderen gingen und jedem Gelegenheit gaben, sie ganz nahe zu betrachten. Das von der Leuchtplatte ausgehende Licht war so gut, daß man die Poren und Erhebungen in der Haut der Phantom-Angesichter und der Hände sehen konnte. Auf der Nase eines alten Mannes konnte ich deutlich die Zeichnung der gekrümmten feinen Äderchen erkennen. Desgleichen konnte ich genau die Stoffart der die Phantome bekleidenden Gewebe wahrnehmen. Ich sah die Erscheinungen in so großer Nähe, daß ich ihren Atem hören konnte und auf meinem Gesichte ihren Hauch verspürte. – Das Eindrucksvollste und Überzeugendste an diesen Erscheinungen, wenn sie auf uns zukamen, waren die Augen und Gesichter und deren lebhafter Ausdruck. Auf Fragen der Sitzungsteilnehmer hin wurde der Gesichtsausdruck ganz der Antwort entsprechend, und ein liebenswürdiges Lächeln umspielte die Lippen.

Von Tierphantomen zeigen sich meistens Eichhörnchen, Hunde und Katzen. Bei einer Gelegenheit kam ein Löwe und ein andermal ein großer Vogel, ein Falke oder Bussard. Ich selbst sah die zwei zuerst erwähnten Erscheinungen. Sie betrugen sich ganz ihrer Natur entsprechend. Das Eichhörnchen hüpfte ganz natürlich auf dem Tische umher. Der Hund lief schweifwedelnd um den Tisch, sprang auf den Schoß der Teilnehmer und leckte ihr Gesicht. Kurzum, er betrug sich nach jeder Hinsicht so, wie ein erzogener Hund sich gebärdet. Der Löwe benahm sich, wie mir berichtet wurde, bedrohlicher; er schlug mit dem Schweife und streifte dabei die Möbel. Die erschreckten Sitzungsteilnehmer waren unfähig, dieses Tier zu kontrollieren. Sie brachen die Sitzung ab, indem sie das Medium weckten. – Der Bussard flog umher, mit den Flügeln an den Wänden und an der Decke anschlagend. Als er sich endlich auf der Schulter des Mediums niederließ, wurde er mit Blitzlicht fotografiert, da ein gebrauchsfertiger Apparat vor dem Medium stand.

Materialisierter (oder apportierter?) Raubvogel mit ausgebreiteten Flügeln auf der Schulter des in Trance befindlichen Mediums Franek Kluski. Aufnahme im August 1919 in Wahrschau.