(hm. kap41) 2.3 v. 1.Teil-Die Bestätigung der Wahrheit – Johannes Greber

2.3 Die Bestätigung der Wahrheit – Fortsetzung

Was mir über die Ausbildung der beiden Medien meiner Pfarre gesagt wurde, bestätigte sich in allen Punkten. An dem Jungen, der als “Inspirationsmedium” bezeichnet worden war, ging die Ausbildung schnell vonstatten. Ihm wurden ausführliche Belehrungen über die wichtigsten Wahrheiten eingegeben und von ihm niedergeschrieben. Sie enthielten etwas für mich ganz Neues und standen zum größten Teil mit dem in Widerspruch, was der Junge selbst bisher geglaubt und was auch ich als Wahrheit gepredigt hatte.

Von Unterbewußtsein und Gedankenübertragung, mit der manche alles Derartige zu erklären suchen, konnte in diesem Falle also keine Rede sein. Gedankenübertragung kam auch schon deswegen nicht in Frage, weil das Inspirationsmedium alle Sachen, die es von jetzt ab schrieb, nicht in den Sitzungenniederschrieb, sondern zu Hause, ohne Beisein irgend eines anderen. Der Junge setzte sich nie aus eigener Entschließung zum Schreiben hin, sondern dieselbe unwiderstehliche Gewalt, die ihn das erstemal in der Sitzung gepackt hatte, zwang ihn jedesmal dazu und bestimmte auch den Augenblick dafür.

Einmal wurde er in den frühesten Morgenstunden, als noch an kein Aufstehen zu denken war, plötzlich geweckt und aufgefordert, aufzustehen und sich zum  Schreiben hinzusetzen. Er leistete dieser Aufforderung nicht Folge, da er dachte, es sei noch viel zu früh zum Aufstehen. Da fühlte er, wie er mit Gewalt aus dem Bett gezogen und auf den Boden gelegt wurde. Von Angst ergriffen, sprang er auf und setzte sich zum Schreiben hin.

Er schrieb wunderbare Ausführungen über “die Erlösung”, die in keinem Punkte mit dem übereinstimmen, was er als Katholik darüber wußte, aber auch sonst nirgends auch nur in ähnlicher Weise zu finden sind. Ebenso schrieb er, der einfache Landjunge, eine Abhandlung über die “Heilige Schrift”, die vollständig neue Wahrheiten enthält. Nicht bloß der Inhalt, sondern auch die Satzbildung ist in diesen Niederschriften so, daß der Junge das nie aus sich hätte fertigbringen können. Er schreib folgende Abhandlungen in Prosa:

  • “Die Vergeistigung der Seele”
  • “Die Gnade Gottes”
  • “Was hat dein Erlöser für dich getan?”
  • “Frühling, Sommer, Herbst und Winter”
  • “Die Ernte”
  • “Die Nacht”
  • “Flehet zum Herrn!”
  • “Die Heilige Schrift”
  • “Kindesliebe”
  • “Der Tod des Sterblichen”.

Wie alle Niederschriften in Prosa nur die Wahrheiten Gottes zum Gegenstand haben, so auch seine Gedichte:

  • “Der Helden Ruf”
  • “Die Sprache der Schöpfung”
  • “Heil und Hosanna”
  • “Auf Gottes Wegen”,
  • “Gottes Hirt und seine Herde”
  • “Der Stärkere”,
  • “So ziehet dein Schöpfer”

Die Ausbildung seines Bruders zum Sprechmedium nahm längere Zeit in Anspruch. Der Anblick der dabei eintretenden körperlichen Zustände war oft recht beängstigend. Ich war daher froh, vorher darüber unterrichtet worden zu sein, sonst hätte ich wohl kaum den Mut gefunden, bis zum Schluß auszuharren. Die Mutter des Jungen hatte ich gebeten, bis auf weiteres den Sitzungen fernzubleiben.

Nachdem seine Ausbildung vollendet war, fiel er in derselben Weise in den sogenannten “Trancezustand”, wie ich dies zuerst bei dem Sprechmedium in der Stadt gesehen hatte. Das Geistwesen, das zum erstenmal durch ihn sprach, kam mit dem Gruß: “Gott mit uns!” Dann schwur es bei Gott, daß es ein guter Geist Gottes sei und nannte seinen Namen.

Durch diesen Geist wurde mir eine Fülle von Weisungen und Belehrungen gegeben, die alle mit dem übereinstimmten, was ich durch das “Inspirationsmedium” meiner Pfarre und vor allem durch das Medium in der Stadt erfuhr.

Zwei Dinge fielen mir dabei auf:

Zunächst konnte ich einen Rangunterschied zwischen dem Geist feststellen, der durch das Sprechmedium in meiner Pfarre sprach, und dem Geist, der sich des Mediums in der benachbarten Stadt bediente. Denn manchmal, wenn ich eine sehr wichtige Frage an den aus dem Medium meiner Pfarre sprechenden Geist richtete, lehnte er die Beantwortung mit dem Bemerken ab: “Dazu habe ich keinen Auftrag. Aber frage ‘Ihn’!” – Bei dem Worte “Ihn” verbeugte er sich tief. Mit “Ihn” meinte er den Geist, der den Jungen in der Stadt als Medium hatte. Das erstemal, als er mich an diesen wies, fragte ich , ob er diesen Geist kenne. “Ich kenne ihn”, war seine kurze Antwort. Dabei verneigte er sich wiederum sehr tief. – Es wollte mir zuerst etwas unverständlich vorkommen, daß der aus meinem Bauernjungen sprechende Geist mir nicht die Fragen ebensogut beantworten dürfe, wie der Geist, der den Jungen in der Stadt als Medium hatte. Letzteren fragte ich daher eines Tages nach der Ursache. Er belehrte mich, daß es in der Geisterwelt ähnlich gehe wie bei uns Menschen. Wenn ein Bote mit einem bestimmten Auftag zu jemand geschickt werde, dann habe er nur das auszurichten, was ihm aufgetragen worden sei. Nichts anderes. So habe er selbst als Beauftragter Gottes das Recht, mir jede Frage zu beantworten, die ich an ihn stelle, wenn er die Beantwortung für notwendig oder nützlich halte. Einen so weitgehenden Auftrag habe jedoch der Geist nicht, der aus dem Sprechmedium meiner Pfarre spreche. Dieser habe daher die Pflicht, mich in allen Fragen, die er nicht beantworten dürfe, an ihn zu weisen. Denn jener Geist sei ihm untergeordnet.

Noch ein anderer Unterschied fiel mir auf:

Aus dem Medium in der Stadt redete stets derselbe Geist, während in das Sprechmedium meiner Pfarre auch andere Geistwesen eintraten. Allerdings blieb der daraus redende hohe Geist immer derFührer. Er kam stets mit dem Gruß: “Gott mit uns!” und war an seiner zarten Stimme und an der ihm eigentümlichen Ausdrucksweise erkenntlich. Auch kam er bei den Sitzungen in meiner Pfarre stetsals erster. Eines Tages fragte ich ihn, wie es zu erklären sei, daß durch das Medium in der Stadt immer nur ein und derselbe Geist rede, während das von ihm benutzte Medium auch anderenGeistern als Werkzeug diene. Darauf gab er mir folgende Antwort:

“Dem Geist, der durch das Medium in der Stadt spricht, wurde zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe jenes Medium zur alleinigen Benutzung zugeteilt. Darum werden andere Geistwesen bei jenem Medium nicht zugelassen. – Das Medium, durch das ich spreche, ist zwar auch für mich ausgebildet worden, aber es ist Gottes Wille, daß auch noch andere Geister, gute und böse, hohe und niedere, in dieses Medium eintreten und sich kundgeben. Dadurch soll dir Gelegenheit gegeben werden, die verschiedenen Arten der Geister kennenzulernen. Aus dem, was sie reden und tun, sollst du den Zustand beurteilen, in dem sie sich im Jenseits befinden. Vor allem sollst du einen Begriff bekommen von dem Weg, den die niederen Geister zu gehen haben, bis sie zur Vollendung gelangen. Ein solch persönliches Erleben der Geisterwelt durch ihr Auftreten in den Medien ist für dich von der größten Wichtigkeit und vermehrt deine Erkenntnisse auf diesem Gebiet in viel vollkommener Weise, als es eine mündliche Belehrung zu tun vermag.

Doch werden die Geister, die sich durch dieses Medium kundtun, nicht nach Belieben kommen und gehen. Sie unterstehen einem Kontrollgeist, der zu bestimmen hat, welche Geister in das Medium eintreten und wie lange sie darin verweilen dürfen.

Bei allen Medien, die als Werkzeuge des Guten dienen, ist eine solche Kontrolle.

Ebenso in allen Versammlungen, in denen der Geisterverkehr so vor sich geht, wie es Gott haben will. Wo diese Kontrolle fehlt, erlebt ihr nichts wirklich Schönes und Gutes. Denn die guten und hohen Geister fehlen. Sie treten nur dort auf, wo alles nach der von Gott bestimmten Ordnung sich vollzieht und ein Geist Gottes Ordnung hält. Bei den meisten der heutigen spiritistischen Zusammenkünfte fehlt diese Kontrolle, und daher sind sie der Tummelplatz der niederen Geisterwelt.

Am Anfang werde ich dir vorher sagen, welche Geister in das Medium eintreten und wie du dich ihnen gegenüber zu verhalten hast. Später wirst du sie selbst unterscheiden können und wirst wissen, was du in jedem einzelnen Falle tun sollst.”

So geschah es.

Sehr groß war die Zahl der Geister, die sich des “Sprechmediums” meiner Pfarre bedienten.

Es kamen hohe Geister, die mit Worten des Lobes und Preises Gottes eintraten, uns wichtige Belehrungen erteilten und dann mit dem Segen Gottes sich verabschiedeten.

Schwer leidende Geister meldeten sich, die oft in erschütternden Worten um Hilfe flehten und uns baten, mit ihnen zu beten. Manchmal sprachen sie in einer fremden Sprache, die wir nicht verstanden, und zeigten sich sehr unglücklich darüber, daß sie sich uns nicht verständlich machen konnten.

Dann kamen niedere Geister, die sich und ihr Schicksal verfluchten und die schändlichsten Beschimpfungen gegen uns ausstießen und über alles Hohe und Heilige höhnten. Wenn wir sie aufforderten, mit uns zu Gott zu beten, lehnten sie es unter Ausdrücken des Spottes oder des Hasses ab. Drangen wir darauf, den Namen Gottes auszusprechen, so traten sie sofort aus dem Medium aus.

Sehr zahlreich waren die Geistwesen, die überhaupt nicht wußten, daß sie durch den Tod von ihrem irdischen Leib getrennt waren. Sie glaubten sich noch auf der Erde zu befinden und die Beschäftigung zu verrichten, die sie als Menschen hatten. Es waren die sogenannten “erdgebundenen Geister“.

Das Grauenhafteste, was wir erlebten, war das Auftreten der Geister von Verbrechern. Sie sahen sich beständig an dem Ort ihrer Taten und erlebten immer von neuem die Szenen, die sich bei Verübung ihrer Verbrechen abgespielt hatten. Es war wie ein Film, der sich stets wiederholt. – Der Geist des Mörders war dauernd in der Vorbereitung und Ausführung des Mordes in allen seinen Einzelheiten, brachte die Gedanken und Empfindungen jener schrecklichen Stunden in Worten zum Ausdruck, die uns erschaudern ließen; er sah sein Opfer vor sich, das ihn ständig anschaute und ihn durch diesen Blick zur Verzweiflung trieb. Ähnliches widerfuhr den Geistern von Wucherern oder sonstigen Übeltätern, die einst ihre Mitmenschen in Not und Unglück gebracht hatten. Wohin sie sich wenden mochten, überall standen die Gestalten ihrer Opfer vor ihnen. Der Geist des Selbstmörders war unaufhörlich in den Gefühlen, Verzweiflungsausbrüchen und Geschehnissen, die seinen Selbstmord begleitet hatten. Kein Bühnendarsteller der Welt vermag seine Rolle so wahrheitsgetreu zu spielen, wie diese Geister das Erleben der dunkelsten Stunden ihres irdischen Daseins durch den Körper der in diesen Dingen ganz unerfahrenen, unwissenden und harmlosen Medien darstellten. Oft zitterten wir beim Ansehen und Anhören dessen, was sich vor unseren Augen abspielte, an allen Gliedern.

Hier und da stellten sich auch sogenannte “Foppgeister” ein, die uns mit ihren Späßen und Lügen zu belustigen suchten. Da wir ihr Verbleiben ablehnten, mußten sie so schnell, wie sie gekommen waren, auch wieder gehen.

Das Auftreten der verschiedenartigen Geister und das, was sich dabei zutrug, hatte seine tiefe Bedeutung.

Von den hohen Geistern empfingen wir wertvolle Unterweisungen, manchmal auch ernste Zurechtweisungen und Tadel, so daß nicht selten bei dem einen oder anderen der Teilnehmer die Tränen kamen. Mehr als einmal wurden die geheimsten Gedanken der Anwesenden offenbart, jedoch stets so, daß keiner von den übrigen beschämt wurde. Es ist überhaupt eine Eigentümlichkeit der guten Geisterwelt, daß sie ihren Tadel und ihre Zurechtweisungen immer in Formen kleidet, die nieverletzen, sondern mit dem Hinweis auf die Verfehlung der Menschen stets Worte des Trostes, der Ermunterung und der Liebe verbinden. Sie brechen nie das geknickte Rohr und löschen den glimmenden Docht nicht aus. Mit zarten Händen behandeln sie die Wunden an den Herzen ihrer Pflegebefohlenen.

Mahnungen und Ratschläge in einer und derselben Sache pflegen sie nicht oft zu wiederholen. Wird das, was sie sagen, nicht befolgt, so machen sie vielleicht noch das eine oder andere Mal darauf aufmerksam. Dann nicht mehr oder nur in den seltensten Fällen. Gibt sich jedoch einer Mühe, den Rat oder die Mahnung auszuführen, dann kommen sie immer wieder darauf zurück und helfen ihm durch Belehrung und liebevolle Ermunterung so lange, bis er sein Ziel erreicht hat. Wenn jemand nur wirklich guten Willen zeigt, dann kennt ihre Liebe und ihr Erbarmen auch in den Fällen, wo einer immer wieder aus menschlicher Schwäche strauchelt, keine Grenze. Macht einer jedoch nicht einmal den Versuch, das auszuführen, was ihm einer dieser Gottesboten gesagt, und er bittet nachher in einer anderen Sache um seinen Rat, dann erfolgt gewöhnlich die Antwort: “Warum fragst du mich? Du tust ja doch nicht, was ich dir sage.”

Aber auch das Auftreten der niedrigsten Geister gereichte uns zur Belehrung. Nie werde ich jenen Abend vergessen, an dem in ein Sprechmedium die Geister von drei Selbstmördern in kurzen Abständen nacheinander eintraten und wir das Grauenhafteste erlebten, was Menschen auf diesem Gebiete vor Augen treten kann. Als der letzte der drei Geister aus dem Medium ausgetreten war und wir noch zitternd dasaßen, kam de leitende Geist – auch “Führer” genannt – in das Medium und richtete folgende Worte an uns:

“Es hat seinen tiefen Grund, daß euch das Furchtbare heute abend gezeigt worden ist. Zunächst solltet ihr sehen, wie die ‘Ruhe’ beschaffen ist, die manche Menschen nach ihrem irdischen Tode haben. Ihr pflegt ja am Grabe der Menschen so oft zu sagen: ‘Nun hat er Ruhe!’ – Heute abend habt ihr diese ‘Ruhe’ gesehen. Ihr vermöget gar nicht zu ermessen, was diese unglücklichen Geister zu erleiden haben, bis sie zur Erkenntnis ihres Zustandes kommen und sich zu Gott wenden. Ihr durftet die drei Geister nicht belehren. Sie sind es noch nicht wert. Sie müssen erst durch Leiden reif werden für eine solche Belehrung. Heute wäre sie zwecklos gewesen. – Aber der Zustand dieser Geister ist euch noch aus einem anderen Grunde gezeigt worden.”

Und nun erhob er in feierlichem Ernst seine Stimme und sagte:

“Einer von euch hat sich heute mit Selbstmordgedanken getragen und war schon im Begriff, die Vorbereitungen dazu zu treffen.”

Da stieß eine der Anwesenden einen jähen Schrei aus und rief: “Ich bin es! Ach Gott, ich bin es!”

“Ja, du bist es”, sagte er nun in sanftem Ton. “Du glaubtest dich dem Schweren, das du nun schon seit vielen Jahren zu tragen hast, durch Selbstmord entziehen zu können und dadurch Ruhe zu finden. Heute hast du ja die ‘Ruhe’ gesehen, die deiner in einem solchen Falle harret. Jetzt wirst du wohl für immer von dem Gedanken des Selbstmordes geheilt sein. So war der heutige Abend für dich eine große Wohltat.”

Mein besonderes Augenmerk richtete ich darauf, ob das, was mir durch die “Medien” mitgeteilt oder vorausgesagt wurde, sich bewahrheitete. Denn wenn das, was wir auf seine Richtigkeit nachprüfen konnten, Wahrheit war, dann hatten wir keinen Grund, an der Wahrheit dessen zu zweifeln, was sich einer Nachprüfung entzog.

Aus den vielen Feststellungen, die ich bezüglich der Angaben der Geister gemacht habe, möchte ich einige anführen, die geeignet sind, jeden Vorurteilslosen zu überzeugen.


Weiter bei: 2.3.1 Ein Gang mit einem Medium durch meine Pfarrkirche.